Best of Kleines Fest im Gartentheater
Von wasserscheuen Kanalratten, heißblütigen Tänzen und unfreiwillige Käsewürfelabstinenz
03.08.2020 [sh] Normalerweise wandeln in diesen Juli-Tagen märchenhafte Gestalten durch den Großen Garten Herrenhausen, es duftet nach Mokka und fruchtigem Tee und aus den Nischen hört man Gelächter, Bewunderungsrufe und Applaus. In diesem Jahr hätte man sogar ein kleines Jubiläum zelebrieren können, denn seit bereits im 35 Jahren begeistert das Kleine Fest im Großen Garten Alt und Jung. Jedoch fielen mit dem bundesweiten Veranstaltungsverbot jegliche Events bis August, dem Corona Virus und dessen Maßnahmen zur Eindämmung, zum Opfer. So cancelte man schweren Herzens die diesjährige Ausgabe des kleinen Festes im Großen Garten, was einer organisatorischen Mammutaufgabe gleich kam. Während man zum einen die Stornierungs-Umbuchungsmaschinerie in Gang setzte, wurden Überlegungen laut, ob und wie man doch noch etwas Großes Fest Feeling verbreiten könnte. Ohne das Wissen, ob die nun folgenden Planungen zum Durchführerfolg führen begann man sogleich die Vorbereitungen für das Best of kleines Fest im Gartentheater.
In der Zeit vom 14. Juli bis zum 03. August konnte man Publikumslieblinge des Kleinen Festes beim „Best of“ im Gartentheater bestaunen, ließ sich verzaubern und von den vielen Comedykünstlern die Tränen vor Lachen in die Augen treiben. Mit insgesamt 7 Programmen, an je drei Tagen mit 2 Vorstellungen konnten bis zu 200 Ablenkungswillige dem Coronaalltag entfliehen.
Auch wir folgten dem Ruf um endlich wieder Kultur abseits von Fernsehen und Autokino- und Konzertvorstellungen erleben zu dürfen und waren an 5 Abenden dabei. Der Einlass erfolgte fix und unter Corona Abstandswahrungen und Mund-Nasen-Schutzverwendung. Bereits an einer Weggabelung begrüßte ein bekanntes Gesicht, Frans der kleine Clown mit Gurke, Koffer und Coronavollschutzhülle die Gäste. Ohne Worte aber mit umso mehr Emotionen. Panama Red und Marc Masconi stimmten die ankommenden Gäste musikalisch auf den Abend ein.
Herr Böhlmann begrüßte die Anwesenden Gäste und stellte treffend fest, dass auch ein halbleeres Haus eine ausverkaufte Veranstaltung bedeuten kann. Und da die Besucher ja nicht wussten, auf was sie sich einließen, als sie die 8.400 Karten in wenigen Stunden orderten, müssten sie wohl Kleines Fest infiziert sein. Wohl wahr, wer einmal dem Zauber des Festes erlegen ist, wird immer wieder die Möglichkeit suchen, dabei zu sein.
So legten Juggling Tango eine heißblütige Tangosohle aufs Parkett, zogen Clowns mit wenig Worten, aber umso mehr Mimik und Gestik die Besucher in ihren Bann und gegeisterten die temporeichen Jonglage- und Diabolo Artisten. Zudem wehte mit Desimo oder Siegfried und Joy ein Hauch von Magie durch das Gartentheater. Letztere ließen sogar einen großen Tiger verschwinden, brachten Tische zum Schweben oder duplizierten Flaschen und Gläser ins Unermessliche. Auch Erasmus Stein verfügte neben seiner Kunst des Gedankenlesens über magische Fähigkeiten. Um den lang vermissten Applaus und Jubelrufe in vollen Zügen auszukosten, enterte er gleich zweimal die Bühne und bat eine junge Besucherin, sie möge doch bei seinem erneuten Eintreffen aufspringen und rufen „Erasmus, ich möchte ein Kind von Dir“. Als diese tatsächlich aufsprang, rief: „Erasmus, ich bekomme ein Kind von Dir“ und ihren Babybauch im Profil präsentierte, war auch Erasmus kurzerhand sprachlos.
Wortakrobaten und Improvisationstalente wie Sascha Korf, Timo Wopp, Matthias Brodowy oder Frank Fischer thematisierten neben der Bahn und Mitreisende, den Kreuzfahrtriesen und ihrer „Mumien im Schlepptau“ auch die Corona Quarantäne-/Kontaktbeschränkungsresultate, die sich in kapitulierenden Waagen, steigenden Urlauberzahlen im eigenen Land aber auch einer vermehrten Mitteilungsinkontinenz in den sozialen Medien, wie auf den demobevölkerten Straßen äußerten. Dann doch lieber den Käsewürfelabsatz wieder befeuern, denn die wecken bei Sascha Korf ungeahnte Energiereserven.
Wenn ein Kakadu „Atemlos“ schmettert und Kanalratte Kalle energisch AC/DC „Highway to Hell“ rockt, dann hat Murzarella zwei ausgesprochen agile und wortgewandte Exemplare ihrer Art als Begleitung mitgebracht. Schalkefan Kalle wetterte im Ruhrpottslang über Aquadermitis, im Volksmund auch Wasserallergie genannt, präzessionsaverse Handwerker und huldigte seinen musikalische Hardrockgöttern.
Weniger laut aber dafür wortlos bühnenfüllend enterte hingegen allabendlich Frans, der kleine Clown, die Bühne und sorgte bei den Moderatoren für emotionale Programmverwirrungen, die auch die Zuschauer rührten. So besang Matthias Brodowy ihn in einem Song, erstaunte Timo Wopp mit seiner Frans Custers Show und lud Heinrich del Core und Sascha Korf zu sich auf das Köfferchen ein.
Künstlern wie auch Besuchern war der Ausbruch aus dem Alltag überaus willkommen, denn über Wochen schien es so, als gäbe es „Kultur“ nur noch in Form von Fernsehen, der x-ten Blockbuster Wiederholung oder dem sogenannten Harz 4 TV a´ la RTL und Co. Die Menschen lechzen nach anspruchsvoller Unterhaltung, nach übersprudelnden Emotionen und diese vor allem mit Gleichgesinnten zu teilen. Herrn Böhlmann und seiner Crew gelang auch mit dem Konzept vom Best of Kleines Fest im Gartentheater ein Erfolg. Chapeau für den Mut, die Entschlossenheit und die Energie und ein herzliches Danke für ein Hauch Magie, das Lachen und die Leichtigkeit und in der Hoffnung, dass im kommenden Jahr alles besser wird und man gemeinsam wieder das Kleine Fest im Großen Garten in altbewährter Form und vollem Umfang zelebrieren kann.